Endspurt in Russland
Nach Saratov ging es weiter Richtung Kasachstan. Etwa 300 km trennten uns noch von der Grenze, am vierten Tage wollten wir diese überqueren. Zuerst mussten wir jedoch über den Wolga-Fluss und durch die Stadt Engels, die sich am gegenüberliegenden Ufer befindet. War es dort und in Saratov selbst noch recht hügelig, änderte sich das plötzlich, als wir die Stadt hinter uns gelassen hatten. Sehr flach war die Landschaft, und trocken, hin und wieder gab es kleiner Stände neben der Straße, wo Einheimische Melonen, Mais und Allerlei verkauften.
Nach ein paar heißen Radfahrstunden machten wir bei einem Cafe neben der Straße eine Pause zum Essen. Als wir losfahren wollten dann die Überraschung: Der erste Patschen an Alexandra’s Fahrrad und natürlich auch beim Hinterreifen…
Wie beim letzten Mal war es etwa gegen 18 Uhr und wir wollten eigentlich noch ein paar Kilometer hinter uns bringen. Also haben wir schnell das Loch geflickt, uns mit Hilfe einer älteren Dame, die uns Waschpulver reichte, die Hände gewaschen und sind weiter gefahren. Sehr abseits von den dortigen Dörfern haben wir dann unser Zelt auf einem bereits abgeernteten Getreidefeld aufgestellt. Zwar war der Boden sehr staubig, aber dafür war es wohl die leiseste Nacht, die wir je (nicht) vernommen haben.
Zu Mittag am Folgetag haben wir dann in einem weiteren typisch russischen Straßencafe gespeist, das erste Mal war das Essen sogar richtig gewürzt – ein bisschen scharf, und gut gepfeffert. Hinter uns wurde übrigens schon um 11 Uhr ordentlich getschechert. 😉 Ordentlich heiß war es wieder, scheinbar ein Vorbote von Kasachstan. Zu Abend gegessen haben wir in einem familären Cafe, das sogar Zimmer vermietet und ganz gut ausgesehen hat. Auf dem Tisch stand mit Salz und Pfeffer auch eine scharfe Gewürzmischung – Alexandra war zufrieden. Nach einem sehr anstrengenden Tag auf extrem holprigen und immer mal wieder hügeligen Straßen haben wir unser Lager dann auf einer schon recht steppig aussehenden Wiese aufgeschlagen. Da wir zu nahe an der Straße und einem Dorf waren, war die Nacht leider nicht ganz so ruhig…
Voller Hoffnung, dass das Essen ab nun immer so schmackhaft sein wird, gingen wir am nächsten Morgen wieder in einem Cafe „brunchen“. Scheinbar waren die zwei Lokale davor jedoch nur eine vorübergehende Erscheinung: Dieses Mal haben die Speisen wieder nach nicht recht viel geschmeckt.
Am Nachmittag wurden wir dann von einer vierköpfigen Gang aufgehalten: Viktor, Yana, Polina und Nastja, die uns sofort belegte Brote, Gurken und Tee reichten. Glücklicherweise konnten die Mädels sogar Englisch! Sie kamen gerade aus Saratov (das wir schon zwei Tage zuvor verlassen hatten…) und waren auf dem Heimweg nach Uralsk, Kasachstan. Und tatsächlich haben sie uns eingeladen, bei ihnen vorbeizuschauen, wenn wir nach Uralsk kommen. Da die Einladung so verlockend war, haben wir daraufhin unsere Pläne etwas abgeändert: Ursprünglich wollten wir in Ozinki, der Grenzstadt in Russland, ein Zimmer nehmen, um uns vor unserem sechstägigen Sprint nach Aktobe noch ein letztes Mal ordentlich zu duschen. Da wir jedoch bereits am nächsten Tag in Uralsk sein sollten, um die Einladung wahrzunehmen, beschlossen wir, kein Zimmer in Ozinki zu nehmen und stattdessen kurz vor der Grenze zu campen.
In Ozinki selbst haben wir uns noch ein bisschen Proviant besorgt und wollten uns dann ein Plätzchen zum Campen suchen. Da wurden wir während des Radelns plötzlich von ein paar Buben um die 12 angesprochen, dann waren es auf einmal sechs und alle sind mit uns mitgeradelt, für etwa 10 km. Teilweise war es eh recht lustig, und dann war es auch wieder ein bisschen verwirrend. Der gesprächigste von ihnen hat immer, bevor er eine Frage geschrien hat, laut „Alexandraaa“ gerufen. Überhaupt dachte er wohl, wir würden ihn besser verstehen, wenn er alles extrem laut und langsam schreit – hat bei unseren Russischkenntnissen trotzdem nicht geholfen. 😀
Als sie sich dann schließlich doch verabschiedet hatten, um nach Ozinki zurückzukehren, haben wir es uns etwa 5 km vor dem russischen Grenzübergang gemütlich gemacht. Eine arge Landschaft war das dort, ein bisschen wie auf einem anderen Planeten. Und in der Ferne konnten wir den Grenzposten sehen.
Gegen 6 Uhr sind wir dann aufgestanden, um so viel Zeit wie möglich zu haben, denn einerseits kostet die Passkontrolle immer einiges an Zeit, andererseits mussten wir unsere Uhren nach der Grenze zwei Stunden vor stellen, wir würden also an der Grenze mindestens 2-3 Stunden verlieren.
Nachdem wir den ersten Hügel zum russischen Grenzposten erklommen hatten, sollte es ernst werden: Würden wir Probleme bekommen, weil unsere Registrierung (wie in Saratov angedeutet wurde) womöglich nicht funktioniert hat? Darauf angesprochen hat uns niemand, unseren Stempel zur Ausreise haben wir ohne Diskussion erhalten und so waren wir frei, die letzten Kilometer bis nach Kasachstan zu radeln.
Schreibe einen Kommentar